Oftmals ist es den pflegenden Angehörigen gar nicht bewusst, wie viel Hilfe Sie ihrem Angehörigen eigentlich leisten. Daher ist es sinnvoll, die gesamten Hilfeleistungen zu dokumentieren. In einem Pflegetagebuch machen Sie genau das über einen Zeitraum von ein bis zwei Wochen. So erhalten Sie einen exakten Überblick über den geleisteten Aufwand und können sich gut auf die MD Begutachtung vorbereiten. In der Praxis zeigt es sich, dass es manchmal an nur einigen mehr geleisteten Unterstützungen hängen kann, ob ein Pflegegrad anerkannt oder abgelehnt wird.
Es empfiehlt sich daher, die Dauer und den Umfang der einzelnen Hilfeleistungen selbst aufzuschreiben, um den Hilfeaufwand genau einschätzen zu können. Hier gibt es jedoch einige Besonderheiten, auf die zu achten sind; sonst werden nicht alle Hilfeleistungen anerkannt. Die Hilfeleistungen, die anerkannt werden – man spricht hierbei auch von Verrichtungen – werden bei der Bemessung des Hilfebedarfs wiederum auch nicht unbegrenzt anerkannt. Es gibt im Gegenteil sogenannte Zeitkorridore, also Zeiträume, wie lang eine Verrichtung dauern darf. Zu Grunde gelegt wird immer die Zeit, die eine nicht professionelle Pflegekraft zum Verrichten der Pflegetätigkeiten braucht.
Jeder Hilfebedarf muss unter pflegerischen und medizinischen Aspekten begründet sein. Es zählen nur die Aufwände, die eine nicht professionelle Pflegeperson benötigt, um die Hilfestellungen auszuführen. Anleitung und Beaufsichtigung werden genauso anerkannt wie die teilweise oder vollständige Übernahme, dauern aber häufig länger. Sie sind also vorzuziehen. Gleiches gilt für die sogenannte aktivierende Pflege. Daher sollten Angehörige darauf achten, dass im Sinne der aktivierenden Pflege vorhandene körperliche und geistige Fähigkeiten des Betroffenen soweit wie möglich genutzt werden. Konkret bedeutet das, dass jede vom Pflegebedürftigen noch zu leistende Verrichtung auch möglichst von ihm verrichtet wird, um seine Selbstständigkeit und Unabhängigkeit zu fördern. Unterteilen Sie längere Tätigkeiten in Unterschritte, indem Sie diese einzeln aufrechnen. So erhalten Sie einen besseren Überblick über alle Tätigkeiten. Wichtig: Ist ein Pflegetagebuch vorhanden, muss es vom Gutachter berücksichtigt werden! Dies gilt für das Gutachten und den Widerspruch.
Sind Sie bei der AOK oder der Barmer pflegeversichert? Unabhängig von Ihrer Pflegekasse oder Pflegeversicherung empfiehlt es sich ein Pflegetagebuch zu führen. Dieses sollten Sie unbedingt dem Gutachter bei der Begutachtung durch den MD vorlegen. Anhand Ihrer Aufzeichnungen lässt sich für ihn nachvollziehen, wie umfangreich Sie als Pflegeperson Hilfe und Unterstützung im Pflegefall leisten.
Durch die Aufzeichnungen im Pflegetagebuch können Sie sich schnell einen detaillierten Überblick für die hauswirtschaftlichen und pflegerischen Unterstützungsleistungen für Ihren Angehörigen verschaffen.
Es kommt nicht selten vor, dass selbstverständliche Hilfestellungen des Alltags - bereitstellen von Zwischenmahlzeiten, nachgießen von Getränken, das Händewaschen vor und nach dem Essen etc. - schnell übersehen werden.
Im Pflegetagebuch können Sie Schritt für Schritt Ihre geleistete Unterstützung für die sechs Bereiche angeben, die zur Überprüfung der Pflegebedürftigkeit herangezogen werden:
1. Mobilität,
2. Kognitive und kommunikative Fähigkeiten,
3. Verhaltensweise und psychische Problemlagen,
4. Selbstversorgung,
5. Unterstützung beim Umgang mit krankheits- und therapiebedingten Anforderungen und
6. Gestaltung des Alltagslebens und soziale Kontakte.
Wichtig beim Ausfüllen ist es, dass Sie den Grad der Selbständigkeit richtig auswählen. Dafür gibt es folgende Entscheidungshilfe.
Grad der Selbstständigkeit |
Beeinträchtigung |
Selbstständig
|
Eine Person ist selbstständig, wenn sie eine Tätigkeit allein ausführen kann, ohne die Hilfe einer anderen Person in Anspruch zu nehmen. Dieses gilt auch, wenn er Hilfsmittel – wie zum Beispiel eine Gehhilfe – einsetzt, um so von Zimmer zu Zimmer zu kommen. |
Überwiegend selbstständig | Eine Person ist überwiegend selbstständig, wenn sie durch eine andere Person in geringem Aufwand Unterstützung erhält. |
Überwiegend unselbstständig | Eine Person ist überwiegend unselbstständig, wenn sie nur einen geringen Anteil einer Handlung selbständig durchführen kann – eingeschlossen sind hier das Motivieren und die ständige Anleiten. |
Unselbstständig |
Eine Person ist unselbstständig, wenn die ihn pflegende Person – z.B. ein Angehöriger – so gut wie alle Handlungen übernehmen und durchführen muss. |
eBook: Schnelle Hilfe im Pflegefall
In unserem kompakten Ratgeber zeigen wir Schritt für Schritt auf, wie Sie auch ohne professionelle Unterstützung erfolgreich den Pflegegrad beantragen. Darüber hinaus machen wir Sie auf Ihre Leistungsansprüche aufmerksam, die für Ratsuchende am Anfang sonst schwer zu überblicken sind. Das Gute: Alle Kosten, die für die Inanspruchnahme der Leistungen entstehen, werden von der Pflegekasse getragen. Mitunter handelt es sich um einige hundert Euro im Monat, die Sie sich nicht entgehen lassen sollten.